CC-Cross in Athen: Ein Supertag für den internationalen CC-Sport!

Der erfahrene italienische Geländebauer Albino Garbari - seit Jahren verantwortlich für die Geländestrecken in Pratoni del Vivaro mit EM 96 und WM 98 - tat das meines Erachtens einzig Richtige nach Jerez (WM 2002). Er baute mit einfachen Mitteln eine wunderschöne, flüssig zu reitende Geländestrecke, offerierte bei allen schwierigeren Stellen eine Alternative, hielt sich aber mit den technischen Anforderungen betont zurück. So mussten die Pferde viel seltener aus dem Rhythmus genommen werden als in Jerez und die Zuschauer kamen in den Genuss vieler schöner Bilder von rhythmisch galoppierenden Paaren, die zum Teil mit faszinierender Leichtigkeit durch die sanften Hügel von Markopoulo sausten. Der Boden war ideal und federnd, die Hitze weniger gross als erwartet und dank einer stetigen kühlen Brise gab es auch am Ziel keine unschönen Bilder überhitzter Pferde. Wer aus der Harmonie und den erfreulich wenigen Vorkommnissen gleich auf eine zu leichte Bauweise schliesst, stand höchstwahrscheinlich nicht zu Fuss vor den einzelnen Hindernissen. Denn die vielen 8m-breiten Bauten machten die Hindernisse optisch kleiner. Die Abmessungen waren durchaus olympia-würdig, aber wir sind es schon fast gewohnt, dass in den hochtechnischen Kursen manchmal fast Hallenspringen-ähnliche Kombinationen stehen, für die ins Springparcours-Tempo zurückgeschaltet werden muss, worauf die Pferde mit wenig Schwung und viel Sprungkraft dieselben Hindernisse überwinden müssen, die sie hier in Athen mehrheitlich aus frischem Tempo überwinden konnten. Genau diese Bilder von spring- und steuerungsmässig überforderten Paaren wollte Garbari vermeiden - und dies ist ihm meisterhaft gelungen. Es ist wohl noch kaum abzuschätzen, einen wie grossen Beitrag er damit geleistet hat an den Ruf unseres Sports und nicht zuletzt auch an das Verbleiben des Concours Complet im olympischen Programm. Denn die Besonderheit der olympischen Spiele liegt nicht nur darin, dass sich auch weniger routinierte Paare unter die Weltelite mischen als an den grossen Viersterneprüfungen in Bdaminton, Burghley und Lexington, sondern auch in der weltweiten medialen Abdeckung, die Bilder und Informationen über den CC-Sport zu Millionen von Menschen trägt, die vorher und nachher während vier Jahren wieder nichts mehr sehen und hören davon. Die Spiele sind damit für uns das wichtigste Image- und Werbefenster zur breiten Öffentlichkeit und wenn diese vielen TV-Zuschauer und Zeitungsleser auch nur ein paar wenige Bilder von der Harmonie und der Leichtigkeit mitkriegen, die die gelungene Partnerschaft zwischen CC-Reiter und CC-Pferd auszeichnet, dann wirkt sich das ungleich stärker und breiter aus als alles, was wir in den vier Jahren dazwischen tun.


Jenny im Glück - Marisa im Pech

Unsere zwei Schweizer Reiterinnen waren diesbezüglich ausgezeichnete Botschafterinnen für den CC-Sport. Beide zeigten, dass sie gut vorbereitet waren für diesen Jahreshöhepunkt. Beide präsentierten ihre Pferde motiviert, leistungswillig, fit, harmonisch, ausbalanciert. Der Unterschied, der resultatmässig so schwer wiegt, ist in Wirklichkeit viel mehr bei dem Quentchen Glück zu suchen, dass Jenny bei ihrem einzigen bangen Moment beim Einsprung zum Coffin hold war - und das Marisa bei der letzten Hinderniskombination verliess. So gelang Jenny Eicher schliesslich eine überragende, fehlerfreie Runde innerhalb der geforderten Zeit mit ihrem bis zum Schluss frisch wirkenden Agent Mulder. Die championatserfahrene Elggerin hatte unterwegs ein Strahlen auf dem Gesicht, das der Athener Sonne Konkurrenz machte!

Marisa Cortesi hatte nach ihrer guten Dressur mit ihrem wunderschönen Peppermint durchaus Chancen, ins Finale der 25 besten Einzelreiter zu gelangen. Sie war im Gelände ausgezeichnet unterwegs, meisterte beide Wasserpassagen bravourös und war schon kurz vor dem Ziel. Die letzte Klippe war die Kombination Nr. 31 mit Absprung, Aufsprung und einem schmalen Aussprung. Sie nahm ihren fabulös galoppierenden Peppermint vor der delikaten Kombination zurück und dieser blieb beim Einsprung etwas hängen mit den Vorderbeinen, sodass sie die allzu steile Landung nicht sitzen konnte. Es tröstet wenig zu wissen, dass auch andere berühmte Reiter an der gleichen Kombination - allerdings am letzten Element, einem schmalen Amphorensprung nach dem Wallaufsprung - zu Fall kamen: Der Australier Andrew Hoy, Mannschaftsolympiasieger von Sydney, der Neuseeländer Andrew Nicholson, olympiaerfahrener Burghley-Sieger, der für Kroatien reitende und über die Partnerschaft mit Michele Schwarzenbach doch schon fast zum Schweizer-Lager zu zählende Pepo Puch und - für die Griechen natürlich am tragischsten - die einzige griechische Teilnehmerin und Lokalmatadorin Heidi Antikatzidis, die wir nur schon wegen ihres schweizerischen Vornamens, aber auch wegen ihres brillanten Stils im Gelände besonders beachteten.

Leistung und Resultat sind zweierlei

Wichtig ist mir dabei eins - und ich sage es besonders deutlich zu all jenen, die sich ihr Urteil nur aufgrund von Resultaten und Punktzahlen bilden und die ihre so entstandene Meinung manchmal sogar als Multiplikatoren über ihre Hauskanäle weitergeben: Wer von den 45 Efforts einer olympischen Geländestrecke deren 44 gut, ja brillant und schnell überwindet, hat eine grosse Leistung vollbracht. Die Leistung wird durch das Pech beim 45. Effort nicht geschmälert, nur das Resultat. Deshalb möchte ich hier beiden Reiterinnen gratulieren für die tolle Leistung, für die Botschafter-Dienste zugunsten der Schweiz in der internationalen CC-Welt und zugunsten des CC-Sports in der breiten Öffentlichkeit, aber auch für den Motivationsschub, den nur schon ihre Teilnahme an den Spielen, aber auch ihre dort gezeigte Leistung bei vielen Nachwuchs-Reitern ausgelöst hat und hoffentlich noch auslösen wird.


Willi ganz gross!


(von der OS-Athen-Website, deshalb mit Werbung belegtes Bild von Bettina und 'Willi')

Der von Max Hauri in Irland entdeckte und importierte, von Nadine Beck-Perret ausgebildete und vor ein paar Jahren ans Ehepaar Andrew und Bettina Hoy verkaufte Ringwood Cockatoo - Stallname: 'Willi' - zeigte unter Bettina Hoy in Athen eine überragende Leistung. Der 13-jährige, grossrahmige Schimmel vermochte nicht nur im Dressurviereck, sondern auch im Gelände und im Springparcours vollends zu überzeugen und scheint seine Jugendflausen, die ihn ab und zu als wenig leistungsbereit erscheinen liessen, völlig hinter sich gelassen zu haben. Auch das ist eine Form von Botschafter-Dienst für den CC-Sport in der Schweiz, wenn ein hierzulande bis auf 2*-Niveau gefördertes Pferd zu olympischen Ehren kommt.