CC Baar, 9./10.5.09

Schlussranglisten: www.mybo.ch

Zweite Qualifikationsprüfung im CC-Stilcup Wegelin & Co. 2009 / B2

Gute Bilder in Baar

Schlussrangliste B2-Stilwertung

(Fotos Simone Gasser, Tamara Acklin)

11.5.09/cam. Bereits bei der zweiten von acht Qualfikationsprüfungen zeigte sich, dass die Stossrichtung des von der reitsportfeundlichen Privatbank Wegelin & Co. und dem SEC getragenen Stilcups richtig ist. Gab es bei der Premiere in Frauenfeld schon viele erfreuliche Bilder, war es in Baar noch häufiger, dass sich die beiden Stilexperten um Details, um Finessen, um kleine Unterschiede in den Darbietungen kümmern konnten. Gewonnen wurde die Stilwertung mit einer zumindest im überblickten Bereich (19 von 25 Efforts) nahezu makellosen Runde von Rebekka Wermuth mit Ilona.


Stilsiegerin Rebekka Wermuth war eine der wenigen, die ihr Pferd gut über Sprung 18 ritten. An diesem Sprung sah man die meisten suboptimalen Bilder und es kam auch oft zu gut hörbaren Touchen, da viele Reiter ihre Pferde nach der längeren Galoppierstrecke zu wenig an die Hilfen stellten.

Hier blieb es beim Wunsch, den wir an einen sehr grossen Teil der ReiterInnen richten möchten: Schnallt die Bügel probeweise mal ein bis zwei Loch kürzer als im Springen. Schaut euch die Bügellänge internationaler Top-Reiter an - auch und gerade die von baumlangen Herren wie William Fox-Pitt. Es ist eine Illusion zu glauben, mit langen Bügeln falle man weniger runter. Die Ruhe und Stabilität des ganzen Körpers nimmt im Gegenteil ab, je länger die Bügel sind. Und was wir anstreben mit funktionalem Reiten ist ja, das Pferd optimal zu unterstützen ohne es unnötig zu stören. Alles Geschaukel mit Oberkörper und Beinen, alle grossen Bewegungen von Armen und Händen sind aber störend für die Balance des Pferdes.

Geschlossenheit der Pferde
Der Begriff der 'Geschlossenheit' eines Pferdes ist vielleicht etwas bundesdeutsch und uns Helvetieren weniger vertraut. Gemeint ist etwas Ähnliches wie mit den Ausdrücken 'das Pferd zwischen Bein und Hand haben', 'das Pferd permanent an den Hilfen haben' - und das Bild dazu ist ein Reiter, der das Pferd immer schön mit einem nicht verrutschenden Unterschenkel unterstützt und es damit 'vor dem Bein', 'vor sich' hat, mit einem kurzen, eine elastische Verbindung unterhaltenden Zügel die jederzeitige Führungsmöglichkeit und die Bereitschaft für halbe Paraden sicherstellt, dies bei möglichst grosser Stabilität und gleichzeitiger Reaktionsbereitschaft des Körpers, in dem nur die Muskeln gespannt sind, die für die Aufrechterhaltung dieser Position erforderlich sind. Kommt ein geschlossenes Pferd einmal zu nah, geht auf gross oder sogar einen Galoppsprung früher als erwartet, kommt es zu einem Touchieren oder sogar zu einem Rumpler, so sind die Chancen, das Hindernis doch noch sicher zu überwinden, viel grösser als beim nicht geschlossenen Pferd. Natürlich ist die blitzschnelle Reaktion und die gute Balance des Reiters ebenfalls mitentscheidend, wenn es darum geht, sich aus einer nicht geplanten Situation zu retten, aber das Herangaloppieren ans Hindernis mit einem geschlossenen Pferd ist eine ebenso unverzichtbare Voraussetzung, dass es auch noch klappt, wenn die Annährung nicht ganz optimal war. Ein gutes Beispiel dafür zeigte Jasmin Gambirasio mit Thats it, einem leistungswilligen jungen Pferd, das über eine sehr raumgreifende Galoppade verfügt und noch nicht so lange 'im Geschäft' ist, dass er bereits jederzeit seinen Galoppsprung auf unter 4 Meter verkürzen könnte. Sie ritt ihn so geschlossen wie derzeit möglich an alle Hindernisse heran. Bei der Kombination 4-5-6 mit Distanzen von ca. 13-14 Meter machte sie nur zwei Galoppsprünge, aber da sie völlig stabil blieb im Körper und das Pferd vor dem Bein und geschlossen hatte, sah das perfekt aus und wirkte keinen Augenblick unsicher. Wir haben von Jasmin nur Fotos mit ihrem zweiten Pferd Duke Of, aber auch hier lässt sich zeigen, was wir meinen mit Geschlossenheit:


- optimale Verbindung: das Pferd hat genau so viel Halsfreiheit, wie es zur Überwindung des Sprunges braucht
- optimale Beinposition zum Weiterunterstützen bei und nach der Landung
- optimale Position des Oberkörpers: leicht entlastend, aber doch nicht so weit vorn, dass sie bei einem allfälligen Rutschen oder Stolpern des Pferdes bei der Landung auf dem Hals läge


Auch Jrina Giesswein und Irana zeigen ein gutes Beispiel für Geschlossenheit bei Sprung 11: gute Verbindung, Bein mit tiefem Absatz unterstützend am Gurt, Oberkörper gut aufgerichtet, da es leicht bergab Richtung Wassereinsprung geht.


 

Balance und Störungsfreiheit
Eines der wesentlichen Merkmale stilistisch guten Reitens ist die Balance, das möglichst permanente in Übereinstimmung Bringen der Schwerpunkte von Reiter und Pferd. Beim Cross Reiten ist jedoch oft der Safety-Seat angesagt, das leichte Zurücknehmen des Oberkörpers hinter den Schwerpunkt des Pferdes, um bei tieferer oder von der Bodenbeschaffenheit her etwas unsicherer Landestelle die Vorhand beim Auffussen nicht unnötig stark zu belasten. Ein gutes Beispiel dafür zeigt Kurt Hasenfratz mit Kvinsis. Mehr zum leichten Sitz HIER.


 


Die Stil-Dritte Romina Sutter zeigte mit Cocos Bueno Rose ebenfalls einen gut ausbalancierten leichten Sitz


Auch der Stil-Vierte Adi Ott zeigt hier von vorn die optimale Verbindung beim Wassereinsprung

 


Stil-Fünfte Elisabeth Eberle mit Top Joker: Gute Körperposition und eine fast gerade Linie von den Ellbogen bis zum Pferdemaul

 

Rhythmus und 'Zug'
Zum guten Geländereiten gehört eine möglichst kadenzierte, regelmässige Galopade, die em Boden, der Topographie, den zu springenden Hindernissen angepasst wird, immer mit dem Ziel, Rhythmusbrecher zu vermeiden. Dabei sollte das Pferd willig und leistungsbereit in die elastische Zügelverbindung hinein galoppieren und damit das bewirken, was ich mit dem Wort 'Zug' zu umschreiben versuche (mehr dazu HIER). Auch dazu gab es tolle und weniger tolle Beispiele in Baar. Wer zu wenig Zug verspürt, muss versuchen, diesen zu erzeugen, indem er sein Pferd so vor's Bein bringt und immer wieder die Energie leicht anstaut mit halben Paraden, bis das Pferd willig in diese federnde Hand hinein galoppiert. Genau so entsteht die oben beschriebene Geschlossenheit des Pferdes, die wir für die sichere Überwindung von Cross-Hindernissen brauchen.


Bei der sehr schön sitzenden Léa Wertheimer und ihrem grossrahmigen Henry wünschte man sich ab und zu noch etwas mehr 'Zug'


Viel 'Zug' - manchmal fast ein bisschen zu viel - haben die beiden 'crazy mares' Jasmine des Martel von Fränzi Hirschi...

 


...und Tamara Acklin mit Haya-Svenja, die hier auch zeigt, was ich mit 'geschlossenem Galoppieren' zwischen den Hindernissen meine

Ganz toll bezüglich 'Zug' mit beiden Pferden Jasmin Gambirasio, hier nochmals mit Duke Of:

 

Ausrüstung
Der häufigste Mangel, den wir feststellten, ist ein während des Sprungs klemmendes Knie und ein demzufolge nach hinten wegrutschender Unterschenkel, oft ist das Ganze auch noch mit einem unruhigen Oberkörper verbunden. Natürlich ist dies vor allem eine Frage bewussten Übens, auch eine Frage von Gleichgewicht und Kraft. Aber die Ausrüstung - hier der Sattel - spielt durchaus auch eine wichtige Rolle. Ein enger Springsattel, der das Knie bei einer bequemen Bügellänge weich umfasst, ist hier ungeeignet. Der für das Gelände geeignete Sattel lässt dem Knie Freiraum, damit es auch bei kürzer geschnallten Bügeln nicht fixiert wird. Fixpunkt ist die Wade, die unverrückbar am Gurt liegen sollteDie oberen Pauschen dienen dem Oberschenkel als Halt bei einem Rumpler, aber nicht der Fixation des Knies. Wer feststellt, dass es sich bei seiner Verfallenheit an den CC-Sport um mehr als einen kurzen Flirt handelt, sollte sich Gedanken machen, was er sich von Onkel Fridolin und allen sonstigen Verwandten zum nächsten Geburtstag wünschen könnte...


Bei diesem Cross-Sattel sieht man deutlich die Freiheit des Knies und die weit oben angebrachte obere 'Notfallpausche'

 

Relativierung der Bewertung
Zu erinnern ist an die Subjektivität, Relativität und Kontextbezogenheit der von uns vorgenommenen Stilwertung. So sehr wir uns um Unvoreingenommenheit und Objektivität bemühen, bleibt eine Wertung doch immer ein subjektiver Akt mit beschränkter Gültigkeit. Das Bewertungblatt repräsentiert nicht mehr als den Eindruck, den ein Paar in der kurzen Zeit der Sichtbarkeit auf zwei Personen machte. Auch an den Zeitdruck sollte man denken, unter dem die Formulierungen und die Notengebung zustande kommt. Deshalb die Bitte, genau wie bei der Dressur: sucht nicht die Elemente der Beurteilung heraus, die ihr unpassend oder übertrieben findet, sondern schaut, ob ihr irgendwo einen nachvollziehbaren Ansatz findet, der euch zu einer vielleicht winzigen Änderung motiviert oder der euch etwas bewusst macht, was ihr bislang vielleicht völlig unbewusst gemacht habt.

Die Kontextbezogenheit zeigt sich vor allem auch im Partner, mit dem ihr euch zeigt. So gab es sowohl in Frauenfeld wie in Baar TopreiterInnen, die mit ihren Spitzenpferden in jeder Stilwertung ganz vorne dabei wären - aber sie ritten in diesen Basisprüfungen Nachwuchspferde, die logischerweise ausbildungsmässig noch nicht so weit sind wie ihre Cracks, sei es, dass sie noch guckrig oder klebrig sind, noch etwas schwierig kontrollierbar, die Galoppade noch nicht so flexibel, wie sie es gerne hätten und so weiter. Umgekehrt gab es routinierte Paare, die seit Jahr und Tag in dieser Kategorie reiten mit demselben Pferd, und bei denen das Ganze recht harmonisch ausschaut, auch wenn keine höheren Ambitionen vorhanden sind. Dieses Wissen darf unsere Bewertung aber nicht beeinflussen. Wir versuchen, harmonisches, sicheres und pferdefreundlich balanciertes Reiten zu belohnen und nicht wie dies zum Beispiel bei einer Geländepferdeprüfung in Deutschland der Fall ist, die Eignung eines Pferdes oder Paares für den 'grossen' CC-Sport zu beurteilen.

Und dann gibt es einen ästhetischen Bereich, der über die Sicherheit und Funktionalität hinaus geht und bei dem wir zwei Stilexperten uns gar nicht immer einig sind - was ich völlig richtig und gut finde. So gefällt es Barbara Welten durchaus, wenn die Reiterinnen grundsätzlich vor dem Hindernis absitzen um mehr Kontrolle zu erzielen. Für mich hingegen ist der Vollsitz eine Notmassnahme für die Fälle, in denen ich dem Pferd nicht ganz traue und alle Mittel einsetzen will, oder wenn ich nach einem Rumpler blitzschnell das Pferd wieder vors Bein bringen möchte. Diese Divergenz ist aber mehr eine Frage der Eleganz und deshalb zweitrangig. Bei den Dingen, die die Sicherheit und Funktionalität des Crossreitens betreffen, sind wir uns bislang aber sehr einig. Wir freuen uns aber durchaus, wenn die beurteilten ReiterInnen oder auch andere SEC-Mitglieder sich an der Diskussion um die Fragen rund um den Stil im Gelände beteiligen.

Finalqualifikation und Finalwertung
Nach den ersten zwei Veranstaltungen können wir in den nächsten Tagen ein Reglement ausarbeiten, indem die Vorstellungen aus dem Konzept aufgrund der Erfahrungen konkretisiert werden. Hier nur mal die Klärung der Frage nach Finalqualifikation und der Finalwertung:
Die ersten fünf jeder Quali-Prüfung sind für den Final qualifiziert. Für Reiter, die bereits qualifiziert sind, rückt der Nächstrangierte nach. Verzichtet ein qualifizierter Reiter auf eine Finalteilnahme, so rückt ebenfalls der Nächstrangierte aus der betreffenden Quali-Prüfung nach.

Jeder Finalteilnehmer bringt seine Note aus der Quali-Prüfung mit in den Final, an dem wiederum eine Tageswertung erstellt wird, bei der die besten fünf die üblichen Preise erhalten (Bargeld oder Gutscheine). Die beiden Noten aus Quali-Prüfung und Final werden addiert und durch zwei geteilt. Aufgrund dieser Berechnung wird eine Schlussrangliste erstellt. Die besten zehn erhalten Geldpreise, die für die Basisstufe doch sehr attraktiv sind, nämlich 1. Rang Fr. 500, 2. Rang Fr. 400, 3. Rang Fr. 300, 4. Rang Fr. 250, 5. Rang Fr. 200, 6. Rang Fr. 180, 7. Rang Fr. 160, 8. Rang Fr. 140, 9. Rang Fr. 120, 10. Rang Fr. 100.