Fünfte Qualifikationsprüfung im CC-Stilcup Wegelin & Co. 2009 / B2
Schlussrangliste B2 - Schlussrangliste B2-Stilwertung - Finalqualifizierte Stilcup
(Fotos Tamara Acklin)
Auf der notgedrungen verkürzten B2-Strecke in Guggenbühl zeigten die zwei Dutzend Starter die ganze Palette möglicher CC-Reitstile: von 'hervorragend' bis 'am Limit'. Das entscheidende Kriterium war diesmal die Entschlossenheit der ReiterInnen, die Strecke zu bewältigen.
ergänzt 21.7.09/cam. Wenn man die nötige Distanz zum Geschehen hat und weder der eigene Grossvater noch die eigene Tochter unterwegs ist auf einer Cross-Strecke, so macht es durchaus auch Spass, wenn die Unterschiede im Stil so deutlich sind wie in Guggenbühl. Man hätte auf der gut überblickbaren Strecke fast einen Lehrfilm drehen können. Eine der ersten Klippen lag in der Streckenführung vom Start bis nach Sprung 3: Der Start lag neben dem Abreiteplatz und führte dann in einer Linkswendung in den Springplatz hinein und von den Pferden weg Richtung Sprung 2 und über Sprung 3 aus dem Platz raus. Für typische B2-Paare, bei denen meist entweder das Pferd oder der Reiter unerfahren ist, bereits eine respektable Aufgabe, mit der auch viele mehr oder weniger Mühe bekundeten. Die meisten Pferde fielen in der allerersten Wendung über die Schulter nach aussen und viele bedurften tatkräftiger Unterstützung ihrer Piloten, um sich überhaupt Richtung 2 und 3 zu bewegen, wo bereits die ersten Vorkommnisse zu registrieren waren. Sprung 4 war dann ein sehr farbenfroh bemalter Schmetterling, der auch nicht gerade half, in Schwung zu kommen. 5 war eine Kombination von zwei relativ schmalen Häuschen, das erste mit höherer, das zweite nach einer Wendung mit tieferer Landestelle. Das war die erste technische Klippe, bei der sich zeigte, wer Übersicht hatte und sein Pferd geschlossen, vor dem Bein, mit beiden Händen durch die Wendung führen und entsprechend unterstützen konnte. Zur Ehrenrettung all derer, die hier scheiterten, sei angemerkt, dass sich diese Kombination gegen Ende der Strecke bestimmt viel leichter geritten hätte als nach diesem klebrigen Beginn. Ab hier kamen die Pferde nämlich endlich etwas in Schwung und auf Touren, sodass auch der etwas altmodische Holzstoss 10, der recht schmale zylinderförmige Sprung 14 und die Wasserkombination 15/16 auch von den Paaren locker überwunden wurde, die am Anfang kaum in Gang kamen.
Zugunsten des Crossbauteams muss aber angefügt werden, dass sie im allerletzten Augenblick, nämlich am Samstagmorgen erst erfuhren, dass die Hälfte der ursprünglich doppelt so langen Strecke nicht benutzt werden dürfe. Der Landbesitzer hatte nach den starken Regenfällen sein Veto eingelegt. So mussten die Verantwortlichen in einer Blitzaktion einen Teil der Sprünge auf das Land des OK-Präsidenten Stefan Strupler rund um den Spring- und Parkplatz herum verlegen. Angesichts dieser Umstände durften sich die Teilnehmer glücklich schätzen, dass die Veranstaltung überhaupt durchgeführt wurde. Dem ganzen aufgestellten Team ist nächstes Jahr mehr Wetterglück zu wünschen - und vielleicht gelingt es ja, den Landbesitzer noch etwas mehr für den CC-Sport zu begeistern...
Erstmals gaben die beiden Stilexperten nur noch eine einzige Wertnote, gaben aber erläuternde Kommentare ab zu den Punkten, die bei den bisherigen Qualifikationsprüfungen eigene Noten gegeben hatten, also Rhythmus, Einwirkung, Sitz und Führung. Einmal mehr zeigte sich, dass die eigentlich für die Stufe B1 gedachte Regel, für mehr als 10 Sekunden zu schnelles oder zu langsames Reiten einen halben Punkt Abzug zu geben, um das Tempogefühl der Einsteiger zu schulen, bereits auf B2-Stufe nicht mehr überzeugt, zumal in den schweizerischen Basisprüfungen Tempi unter 500m/Min. vorgegeben sind, wie sie sonst auf der ganzen Welt nicht vorkommen im CC-Sport. Wer stilsicher reitet und auf einem Pferd mit guter Galoppade sitzt, ist also fast automatisch zu schnell und sollte nicht dafür bestraft werden. Auf Fairnessgründen behalten wir die Regel trotzdem bis Ende Jahr bei, werden sie dann aber bestimmt überdenken.
Fast wie aus dem Bilderbuch ritt Joëlle Bruni mit Misti de Lully CH: Mit energischem Rhythmus, der nie zu stark gebrochen wurde, in fast perfekter Körperhaltung auch bei tieferer Landestelle, mit meist ruhigem Oberkörper und recht stabilem Unterschenkel auch über dem Sprung, mit effizienter Einwirkung wo nötig, mit guter Übersicht und klarer beidhändiger Führung beeindruckte die Erststarterin und erhielt gleich eine 8.5, was nach ihr nur noch der sehr effizient sein wenig erfahrenes Pferd unterstützende Hansjörg Bigler und die im Stilcup bereits mehrfach positiv in Erscheinung getretene Romina Sutter schafften, wobei alle drei durch Abzüge auf 8.0 bzw. Romina auf 7.5 zurückgestuft wurden. So kam die sehr selbstsicher und forsch reitende Anna Zemanska mit einer abzugsfreien 8.0 auf den Ehrenplatz und die bereits finalqualifizierte Rebekka Wermuth mit einer ebenfalls abzugsfreien 7.5. auf den vierten Rang. Olympiareiterin Jenny Eicher überzeugte auf dem noch wenig erfahrenen, aber erfreuliche Anlagen zeigenden Nachwuchspferd Bantrybay Fashion Show ebenfalls mit 8.0, musste aber wegen Abzugs für zu langsames Reiten mit 7.5 und dem 5. Platz in der Stilwertung vorlieb nehmen. Da sowohl Rebekka Wermuth wie die sechstplatzierte Romina Sutter sich bereits andernorts für den Final qualifizieren konnten, rückte verdientermassen die offizielle Prüfungssiegerin Melanie Bühler mit Winnetou vom 7. Rang nach und darf auch in Bern um den Stil-Sieg mitkämpfen. Als Preise für die fünf Erstklassierten gab es diesmal je ein Jahres-Abonnement für die hochkarätige Schweizer Pferdesportzeitschrift Kavallo. Wir möchten auch an dieser Stelle der Chefredaktorin Angelika Nido herzlich danken für das grosszügige Entgegenkommen.
1. Joëlle Bruni und Misti de Lully, hier beide in nahezu perfekter Silhouette bei Sprung 5B
2. Anna Zemanska und Staropramen - den beiden mangelt es in keiner Situation an Selbstvertrauen
3. Hansjörg Bigler und Caprio Wey CH über dem Schmetterlingsprung Nr. 4, der von vorne bedeutend farbenreicher aussah und einige Guggenbühl-Teilnehmer zum 'guggen' veranlasste - aber ganz gewiss nicht dieses entschlossene Paar.
4. Rebekka Wermuth und Ilona
5. Jenny Eicher und Bantrybay Fashion Show am drittletzten Hindernis, das von den meisten Paaren besser als erwartet gesprungen wurde.
6. Romina Sutter und Coco Bueno Rose bei Sprung 2, wo einige Pferde noch an ihren Kollegen klebten
7. Melanie Bühler und Winnetou - die Sieger der 'normalen' B2-Wertung
Daneben gab es, wie angetönt, auch eher besorgniserregende Bilder. Zu wenig athletische Reiter, die unausbalanciert herum schwankten, einseitig an den Zügeln zogen, bei jedem Sprung den Schenkelkontakt verloren, schwer im Sattel sassen und entsprechend wilde Bewegungen mit dem Oberkörper vollführten auch zwischen den Sprüngen, Zickzacklinien ritten, Pferde schief und verbogen an die Sprünge ritten, andere jagten ihre Tiere am losen Zügel gegen die Hindernisse. Dass dabei nichts passiert ist, liegt meines Erachtens vor allem an der Groszügigkeit der Pferde und der Winzigkeit der Sprünge. Wenn sie nicht ganz massiv daran gehindert werden, wollen uns die Pferde meistens helfen - und bei den munzigen Hopsern, die in einem B2 stehen, ist kaum ein Pferd an den Grenzen seines Springvermögens und kommt auch noch drüber, wenn der Reiter so ziemlich alles falsch macht.
Aber das Positive auch an diesen weniger berauschenden Bildern ist, dass sie wohl sukzessive abnehmen werden, wenn wir die Stilreiterei weiter fördern in der Schweiz.